Stundensätze in (Zahn-)Praxen
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Damit am Ende wirklich etwas übrig bleibt: Realistische Stundensätze in (Zahn-)Praxen
Viele Praxen wirken „auf den ersten Blick“ solide – bis man genauer rechnet. Der Schlüssel: Stundensätze nicht schätzen, sondern systematisch kalkulieren. Hier sind die wichtigsten Regeln – kurz, knapp, anwendbar.
1) Durchschnitt ist nicht gleich Realität
- Vergleiche Kennzahlen immer kritisch: Median statt arithmetischem Mittel bevorzugen.
- Prüfe Bezugsgröße (pro Inhaber vs. pro Behandler) und Region.
- Branchenvergleiche sind Orientierung – entscheidend ist deine eigene Struktur.
2) Personalkosten zuerst denken
- Personalkosten sind dein größter Hebel.
- Rechne Szenarien durch (z. B. +5 %/+10 % Löhne): Was bedeutet das für deinen Stundensatz?
- Nicht nur brutto erhöhen: steuerfreie/pauschal besteuerte Benefits (Jobticket, Kinderbetreuung, Fortbildung etc.) mitdenken – binden Mitarbeiter, dämpfen Lohnnebenkosten.
3) Behandlungszeit realistisch ermitteln
- Definiere jährliche Behandlungsstunden pro Behandler:
Wochenstunden × Praxiswochen minus Urlaube, Krankheit, Leerlauf, Rüstzeiten, No-Shows. - Software-Zeitstempel sind nur dann brauchbar, wenn Wartezeiten bereinigt sind.
4) Kosten sauber trennen
- Bestimme bereinigte Praxiskosten der ärztlichen Leistung: Fixkosten inkl. Team, Räume, IT, Verwaltung etc.
- Umsatz-/fallabhängige Kosten anderer Leistungsbereiche (z. B. Labor, Prophylaxe) separat führen.
- Ergebnis: ein klarer Fixkostenblock für ärztliche Behandlungszeit.
5) Kosten pro Stunde berechnen
Kosten/Stunde = Bereinigte Praxiskosten ÷ Realistische Behandlungsstunden
Nur oberhalb dieser Schwelle erwirtschaftest du überhaupt einen Überschuss aus der ärztlichen Leistung.
6) Unternehmerlohn je Stunde addieren
- Definiere deinen Privatbedarf inkl. Steuern & Altersversorgung.
- Unternehmerlohn/Stunde = Monatsbedarf ÷ Monats-Behandlungsstunden.
7) Gewinnaufschlag nicht vergessen
- Plane einen Gewinnaufschlag (Risiko, Investitionen, Puffer).
- Ziel-Stundensatz = Kosten/Stunde + Unternehmerlohn/Stunde + Gewinnaufschlag.
8) Soll-Ist konsequent prüfen
- Vergleiche abgerechneten vs. Ziel-Stundensatz monatlich.
- Ampel einführen:
Grün ≥ 100 % · Gelb 90–99 % · Rot < 90 %. - Bei Gelb/Rot: Ursachenanalyse (Auslastung, Leistungsmix, Preise, Prozesse).
9) An welchen Stellschrauben du drehst
- Honoraranpassung sachlich begründen (Leistungsumfang, Qualität, Inflation).
- Auslastung steigern (Terminmanagement, Recall, No-Show-Management, Delegation).
- Durchlaufzeiten senken (Standardisierte Abläufe, Aufgabenverteilung, Materiallogistik).
- Leistungsmix optimieren (mehr wertschöpfende Behandlungen in die Arztzeit, Delegierbares delegieren).
10) Stundensätze in der Praxissoftware leben
- Eintragen, testen, nachjustieren – mindestens quartalsweise.
- Bei strukturellen Änderungen (Team, Miete, Geräte, Öffnungszeiten) sofort neu kalkulieren.
Mini-Checkliste (zum Abhaken)
- Realistische Behandlungsstunden pro Behandler ermittelt
- Bereinigte Praxiskosten definiert (Fix vs. variabel/leistungsbereichsbezogen)
- Kosten/Stunde berechnet
- Unternehmerlohn & Gewinnaufschlag festgelegt
- Ziel-Stundensatz ermittelt und in Software hinterlegt
- Monatsmonitoring mit Ampel etabliert
- Zwei Szenarien gerechnet: +5 % Löhne, –10 % Auslastung
- Maßnahmenplan bei Gelb/Rot
Quick-Formeln (für dein Sheet)
- Kosten/Stunde = Bereinigte Praxiskosten ÷ Behandlungsstunden/Jahr
- Unternehmerlohn/Stunde = (Privatbedarf/Monat) ÷ (Behandlungsstunden/Monat)
- Ziel-Stundensatz = Kosten/Stunde + Unternehmerlohn/Stunde + Gewinnaufschlag
Warum das Steuer-/Unternehmensberater-Team unverzichtbar ist
- Übersetzt Zahlen in Entscheidungen (z. B. „Wie viel Preissteigerung ist notwendig?“).
- Baut Szenariorechnungen und liefert Vergleichswerte (Praxisgröße, Region, Behandlerzahl).
- Bringt Tools & Templates, damit Stundensätze nicht einmalig, sondern laufend stimmen.
Fazit: Wer Behandlungszeit, Kosten und Unternehmerlohn ehrlich zusammenführt – und die Stundensätze aktiv in der Software steuert – sichert die wirtschaftliche Substanz der Praxis. Alles andere ist Hoffnung.